Internationalisierungsstrategien von Geschäftsmodellen auf der Grundlage von Sharing-Economy-Prinzipien – eine Analyse ausgewählter Unternehmen

MBS Sharing Economy
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MBS Frizzi Engler-HammDisruptive Geschäftsmodelle, die auf Plattform- und Sharing-Economy-Prinzipien basieren, verändern Märkte unterschiedlichster Branchen. Weltweit entstehen neue Möglichkeiten für alle Arten von Geschäftspartnern, daran zu partizipieren. „Tauschen statt Kaufen“, „Leihen statt Besitzen“ sind Trends, aus denen sich die Sharing Economy entwickelt hat. Unternehmer herkömmlicher Geschäftsmodelle müssen sich neu orientieren, sich schnell und flexibel anpassen, um an diesem neuen Markt teilnehmen zu können. Bisherige Geschäfts- und Internationalisierungsmodelle sind ungeeignet, diese Entwicklung abzubilden. Die Sharing Economy folgt anderen Prinzipien, die mit denen herkömmlich produzierender Unternehmen nicht mehr vergleichbar sind.

Schnelle Erfüllung von Bedürfnissen

Sharing Economy, geboren aus dem richtigen und ethischen Gedanken, Konsumgüter zu teilen und Ressourcen zu schonen, wird vom System des Kapitalismus absorbiert und eröffnet ihm Zugang zur „digitalen Ökonomie“, die dort ein Wachstum ermöglicht, wo materiellem Konsum Grenzen gesetzt sind. Dieser Gedanke setzt sich mehr und mehr durch, so dass die Sharing Economy zunehmend an Bedeutung gewinnt. Sie verspricht eine schnelle, günstige und bequeme Erfüllung von Bedürfnissen.[1]

Anhänger des Sharing Economy beurteilen sie als eine Chance, die im Kapitalismus hinreichend bekannten Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen – etwa die Verschwendung von Ressourcen oder die Belastung der Umwelt. Der Postmaterialismus ist eingetreten, in dem Teilen statt Besitzen als neue, smarte Form des kollaborativen Konsums für eine nachhaltige und soziale Ökonomie definiert wird.[2]

Sowohl ein sozialer als auch ein ökologischer Wandel sind derzeit erkennbar. Nicht nur westliche Nationen, sondern auch Schwellenländer legen zunehmend Wert auf Ökologie und soziales Miteinander. Eigentum ist für viele nicht mehr wichtig, und das Streben nach einer nachhaltigen Lebensweise sowie einer höheren Lebensqualität nimmt zu. Dies zu befördern liegt ebenfalls im Potenzial der Sharing Economy.[3]

Neue Rahmenbedingungen sind erforderlich

Sharing Economy eröffnet Nachfragern und Anbietern neue Möglichkeiten. Manch einer kann jetzt Orte bereisen, die vorher seine finanziellen Möglichkeiten überschritten hätten, weil Plattformen wie Airbnb oder Couchsurfing günstige Unterkünfte vermitteln. Dienste wie Uber erhöhen die individuelle Mobilität in urbanen Zentren und durchbrechen die Monopolstellung von bisherigen Beförderungsunternehmen nicht öffentlicher Art.

Dass das Konzept grundsätzlich das Potenzial zum kommerziellen Erfolg hat, wird nicht in Frage gestellt. Jedoch muss an den Rahmenbedingungen gearbeitet werden, die Sharing-Economy-Initiativen daran hindert, sich schlussendlich durchzusetzen. Das umfasst beispielsweise die Regelung von Haftung bezüglich Sharing-Economy-Startups; Gesetzeslücken sind zu schließen und Standards müssen gesetzt werden, um die Rahmenbedingungen für Sharing-Economy-Geschäftsmodelle langfristig gerecht zu gestalten. Doch selbst wenn gravierende Änderungen der jetzigen Rahmenbedingungen erfolgen, würden die Gewinne zwar gerechter aufgeteilt, jedoch blieben sie – z.B. für eine bloße Bereitstellung einer digitalen Plattform – immer noch bemerkenswert.[4]

Ausblick: Herkömmliche Unternehmen geraten unter Druck

Sollte sich das Prinzip Sharing Economy konsequent und flächendeckend durchsetzen, würde dies bedeuten, dass weniger Güter produziert werden müssten. Herkömmliche Unternehmen, deren Existenz von der Produktion großer Stückzahlen abhängt, gerieten durch die Tatsache unter Druck, dass durch Teilen die Produktion von Gütern zurückgefahren werden müsste. Es ist eine große Herausforderung für herkömmliche Unternehmen, sich diesem Paradigmenwechsel anzupassen. Eine Verschiebung von Produktion und Vertrieb von Gütern hin zu einer Bereitstellung und Serviceerbringung wäre die Folge.

Es wird erwartet, dass Sharing Economy unterschiedlichste Branchen deutlich verändert und dieser Trend irreversibel sein wird. Darin steckt ein großes Potenzial, das große Chancen bietet –aber auch große Risiken birgt. Sharing Economy führt zu einer Konsumkultur, die sich nicht mehr über Besitz definiert, sondern über den gezielten, unkomplizierten und schnellen Zugang zu Dienstleistungen und Produkten mittels Online-Plattformen, die der Geschäftsgegenstand solcher Unternehmen sind, die ihrem Charakter nach als „born globals“ bezeichnet werden können und den Weltmarkt als Gesamtheit betrachten. [5]

 

[1] Schneider, L. & Steiger, H. (31. Juli 2015). Profiteure des Tauschhandels. http://www.vdi-nachrichten.com/Technik-Gesellschaft/Profiteure-Tauschhandels (abgerufen am 24. August 2015)
[2] Baumgärtel, T. (10. Juli 2014). Teile und verdiene. http://www.zeit.de/2014/27/sharing-economy-tauschen (abgerufen am 15. September 2015)
[3] Popp, S. (24. November 2014). Die neue globale Mittelschicht. http://www.bpb.de/apuz/196711/die-neue-globale-mittelschicht?p=all (abgerufen am 10. Oktober 2015)
[4] Steiger, H. (28. August 2015). Haftung entscheidet über Erfolg der Share Economy. https://www.wiso-net.de:443/document/VDIN__9851C55E42894D07AFB9197915BEDA39%7CVDIA__9851C55E42894D07AFB9197915BEDA39 (abgerufen am 14. September 2015)
[5] Gründerszene. (12. Februar 2015). Startups Going Global: 5 Faktoren für den Erfolg. http://www.gruenderszene.de/allgemein/startups-going-global-5-faktoren-fuer-den-erfolg (abgerufen am 29. Oktober 2015)

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Über Prof. Dr. Heiko Seif 23 Artikel
Prof. Dr. Heiko Seif, PhD. studierte Ingenieurwesen am Karlsruher Institut für Technologie und promovierte an den Universitäten Stuttgart und Preßburg mit einer Arbeit über die Internationalisierung osteuropäischer Unternehmen im Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft. Parallel zu seiner 4-jährigen Promotion arbeitete er als Berater bei der Con Moto Consulting Group bevor er zur BMW Group wechselte. Nach seiner Tätigkeit gründete er die Technologieberatung CNX Consulting und anschließend die Innovationsgenossenschaft INGO e.G. Darüber hinaus war er mehrere Jahre an der Ludwig-Maximilians-Universität verantwortlich für das TOP-BWL-Programm der Jahrgangsbesten in Zusammenarbeit mit Professor Picot. Prof. Dr. Heiko Seif ist Senior Manager bei der Managementberatung UNITY AG.