Wo und wann – zwei geheime Faktoren für den wirtschaftlichen Erfolg von Familienunternehmen

Der ehemalige Profisportler und spätere Unternehmer Fran Tarkenton sagte einmal: „Wenn Sie auf den richtigen Zeitpunkt oder auf gute Zeiten warten, um ein Geschäft zu gründen, dann warten Sie ein Leben lang.“ Ich denke, die meisten Menschen stimmen mit ihm darin überein, dass es keinen optimalen Zeitpunkt für eine solche Entscheidung gibt. Trotzdem glaube ich, dass sich die sorgfältige Auswahl des Standortes und des Gründungsdatums für eine neue Unternehmung auswirkt auf deren Wahrscheinlichkeit, erfolgreich zu sein.

In diesem Artikel will ich meine Überzeugung überprüfen: Dazu werde ich die makroökonomische Rahmenbedingungen um den Gründungszeitpunkt der erfolgreichsten Unternehmen im Familienbesitz in Europa und den USA auf identische Muster untersuchen.

Es gibt eine Vielzahl von Studien, die sich mit der Bedeutung und den Erfolgsfaktoren von Familienunternehmen beschäftigen. Aber nur ein geringer Anteil der Forschungsaktivitäten konzentriert sich auf die Rolle der makroökonomischen Rahmenbedingungen und wie sich diese auf den Erfolg bzw. Misserfolg dieser Unternehmen auswirken. In diesem Artikel will ich einige international signifikante Makrofaktoren für wirtschaftlichen Erfolg identifizieren. Zuerst werde ich die wichtigsten Ergebnisse anderer Forscher zusammenfassen, dann präsentiere ich meine eigenen.

Die Welt ist klein

Bloom, Genakos, Sadun und Van Reenen zeigten 2007, dass es – je nach Land – klare Unterschiede in der Managementleistung gibt, Unternehmen im selben Land sich jedoch noch stärker voneinander unterscheiden: Beispielsweise übertrifft das beste Drittel der indischen Unternehmen den europäischen Durchschnitt. Diese Ergebnisse veranlassten mich zu der Fragestellung, ob makroökonomische Faktoren die gleichen Auswirkungen auf Familienunternehmen haben, unabhängig davon, in welchen Ländern diese ihr Geschäft betreiben.

Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach

2012 kommen Kachaner, Stalk und Bloch zu dem Schluss, dass Familienunternehmen vorsichtiger investieren und in der Regel geringere Verbindlichkeiten haben als ihre Wettbewerber. Man könnte also annehmen, dass Familienunternehmen ihre Wettbewerber sowohl bei hohem Zinsniveau (da diese Unternehmen weniger teure Verbindlichkeiten haben) wie auch bei niedrigem Zinsniveau (wenn die Renditen normalerweise gering sind) übertreffen könnten.

Makroökonomisches

Watson, Hogarth-Scott und Wilson untersuchten 1998 die wichtigsten Gründe für den Misserfolg von Kleinunternehmen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass im Misserfolgsfall 65 Prozent der Eigentümer die mangelnde Fähigkeit des Unternehmens beklagten, Cashflow zu generieren; 42 Prozent gaben schlechte Branchenbedingungen oder persönliche Gründe an und 40 Prozent nannten schlechte langfristige Aussichten. Dies würde unterstellen, dass eine schwache Konjunktur oder eine Rezession die Wahrscheinlichkeit, dass Kleinunternehmen erfolgreich sind, beträchtlich senken.

Fokus der Untersuchung

Die Fragestellung meiner Untersuchung ergab sich durch die genannten Forschungsergebnisse: Ich wollte einige universell gültige, internationale Makrofaktoren bestimmen, die den Erfolg von Familienunternehmen gleichbleibend beeinflussen – unabhängig davon, in welchen Ländern diese Unternehmen ihre Geschäfte betreiben. Deshalb habe ich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der erfolgreichsten Unternehmen im Familienbesitz in Europa und den USA[1] um den Zeitpunkt ihrer Gründung untersucht.

Andere Länder, andere Sitten

Meine Untersuchungen zeigen, dass einige offensichtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern bestehen: In den USA lag die Inflationsrate 7 Jahre bis 1 Jahr vor der Unternehmensgründung und 1 Jahr bis 6 Jahre danach eindeutig niedriger als im Durchschnitt; 12 bis 16 Jahre nach der Gründung lag sie hingegen signifikant[2] über dem Durchschnitt.

In Frankreich war die Inflation sowohl in der Zeit vor wie auch nach der Gründung überdurchschnittlich hoch, 16 bis 17 Jahre nach der Gründung sogar signifikant höher. In Großbritannien war die Inflation – mit Frankreich vergleichbar – vor und nach dem Gründungdatum überdurchschnittlich hoch, mit signifikant höheren Werten 2 bis 5 Jahre vor sowie 17 und 20 Jahre nach dem ersten Jahr des Unternehmensbestehens.

In Deutschland war die Inflation vor und nach dem Gründungsdatum deutlich niedriger als im Durchschnitt; 5 bis 9 Jahre vor sowie 6 bis 8, 10, 12 und 13 Jahre nach Gründungsdatum signifikant niedriger.

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass für den langfristigen Erfolg eines deutschen Unternehmens eine niedrige Inflationsrate, für ein englisches Unternehmen hingegen eine hohe Inflationsrate günstiger ist.

Alle sitzen im selben Boot

Obwohl einige interessante Unterschiede bestehen, zeigt meine Untersuchung die Existenz eines Musters, das sich in allen untersuchten Ländern beobachten lässt. Dieses Muster steht in Beziehung zum realen Wachstum des BIP pro Kopf.

Diese Messgröße war 2 bis 5 Jahre vor Datum der Unternehmensgründung (in einigen Fällen signifikant) unterdurchschnittlich und im Jahr der Gründung sowie auch 1 Jahr bis 6 Jahre danach (in einigen Fällen signifikant) überdurchschnittlich. Dieses Ergebnis kann man dahingehend deuten, dass es für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens von Vorteil ist, 2 bis 5 Jahre nach einer Rezession in einer wirtschaftlichen Boomphase seine Geschäfte aufzunehmen.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte

Um die Entwicklung des Wachstums des realen BIP pro Kopf in der Zeit der Unternehmensgründung zu illustrieren, betrachten wir einmal Tchibo, gegründet 1949. Das folgende Diagramm zeigt die Entwicklung unseres Indikators um das Gründungsdatum herum.

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Die blauen Felder zeigen eine durchschnittliche Wachstumsrate des realen BIP pro Kopf im untersuchten Zeitraum (zwischen 1851 und 2014) von 2,0 Prozent. Wie die Tabelle eindeutig belegt – und wie wir alle wissen –, gab es in Deutschland eine starke Depression 3 bis 5 Jahre vor der Gründung von Tchibo. Aber im Gründungsjahr liegt der Indikator signifikant über dem Durchschnitt (4,5 Prozent), wie auch in den ersten Jahren des Unternehmensbestehens.

Lektion gelernt

Basierend auf diesen Ergebnissen können wir schlussfolgern, dass das Wo und das Wann eine Rolle spielen. Es scheint generell zuzutreffen, dass ein Unternehmen bessere Chancen auf langfristigen Erfolg hat, wenn es 3 bis 5 Jahre nach einer Rezession in einer Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs gegründet wird. Andererseits existieren auch einige wesentliche länderspezifische Faktoren, die zu einer noch genaueren Beantwortung der Frage beitragen könnten, wo und wann eine Unternehmensgründung am erfolgversprechendsten ist.

Literatur

Bloom, N., Genakos, C., Sadun, R., und Van Reenen, J. (2007). What drives good management around the world?. Mittelteil, 12(2), 12-17.

Kachaner, N., Stalk, G., und Bloch, A. (2012). What you can learn from family business. Harvard Business Review, 90(11), 102-106.

Watson, K., Hogarth-Scott, S., und Wilson, N. (1998). Small business start-ups: success factors and support implications. International Journal of Entrepreneurial Behavior & Research, 4(3), 217-238.

[1] Meine Probe umfasste die 100 führenden Familienunternehmen auf Grundlage des Unternehmenserlöses.

[2]In meiner Untersuchung setze ich eine statistische Sicherheit von 90 Prozent an; die meisten meiner Ergebnisse treffen aber auch bei 95 Prozent zu, einige auch bei 99 Prozent.