Mit einer Recycling-App für eine nachhaltige Zukunft: Pascal Ritter, MBS-Alumnus und Gründer von The Fortunate Planet im Interview

MBS Insights: Von der ersten Idee bis zum Produktlaunch: Wie lange beschäftigt dich schon deine Geschäftsidee? Wann wurde der Gründergeist in dir geweckt? Was waren bisher die größten Herausforderungen, aber auch größten Meilensteine?

Team of the Fortunate Planete at Work

Pascal Ritter: Die Idee zu The Fortunate Planet kam mir im November 2019, als ich auf einer Backpacking-Tour durch Südamerika war – ein Moment, der meine weitere Reise entschieden veränderte, da ich anschließend mehr Zeit mit Konzeptarbeit als am Strand verbrachte. Damals hatte das Projekt allerdings noch einem etwas anderen Fokus: Ich wollte eine Clean-up-App entwickeln, mit der Umweltwohltäter*innen ihre Clean-Ups tracken und anschließend direkt mit Sponsoren vernetzt und belohnt werden können, um viel mehr Menschen dafür zu motivieren, die Umwelt aufzuräumen. Ich dachte mir, wenn es da draußen Menschen gibt, die durch Tanzvideos auf TikTok & Co. ihr Einkommen bestreiten können, muss es doch auch dafür langfristig einen Markt geben.
Diesen Fokus haben wir in der ersten Testphase dann allerdings verworfen, da er das Problem der Vermüllung nicht an Wurzel packt und dieses nicht grundlegend hätte gelöst werden können. Denn sofern der gesammelte Müll falsch entsorgt wird und die Entsorger*innen den Müll am Ende nicht weiterverarbeiten und, so wie es leider meist geschieht, wieder in die Natur werfen, ist auch der beste Clean-up nutzlos und wir haben zwar Kreislauf, aber mehr in Richtung eines Teufelskreises. Das Entscheidende ist für uns die korrekte Entsorgung – und hierbei kam auch gleich eine der größten Herausforderungen bei der Entwicklung der App auf uns zu: Welche Entsorgungsstelle ist nun recyclingfreundlich und welche Stadt hat seine Abgabestellen bereits digitalisiert? Aus dieser Not heraus haben wir das Spotten der Müllabgabestellen in die App integriert, um langfristig ein flächendeckendes Netzwerk aufzubauen, von dem alle User*innen profitieren und das gleichzeitig den Städten hilft, ihre Müllabgabestellen zu klassifizieren und zu digitalisieren.
Der größte Meilenstein in der jüngsten Vergangenheit war sicherlich der App-Launch zum Global Recycling Day am 18. März 2021 Wir hatten ursprünglich geplant, die App im April auf den Markt zu bringen und haben letztlich vier Wochen früher als geplant die App im App-Store gelauncht, um extra für den Global Recycling Day online zu sein. Dabei hat das ganze Team einen Riesenjob geleistet und bis zum Schluss gezittert. Am Ende war die App am 18.03 um 6:21 Uhr genehmigt und ab 9:53 Uhr morgens verfügbar – Punktlandung.

MBS Insights: The Fortunate Planet wurde kürzlich von den drei Dachverbänden BDE, BDSV und VDM als „Bestes Start-up der Kreislaufwirtschaft 2021“ ausgezeichnet. Was bedeutet die Auszeichnung für euch und was sind die nächsten Schritte eurer Bewegung?

Pascal Ritter: Es freut uns ungemein, unter all den innovativen Recycling-Start-ups ausgezeichnet zu werden und die Wertschätzung zu erhalten, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Gleichzeitig wissen wir auch, dass wir noch ganz am Anfang einer langen Reise stehen, viel lernen können und die Konkurrenz nicht schläft. Von daher ist diese Auszeichnung Ansporn mit der gleichen Zielstrebigkeit weiter voranzugehen und im nächsten Schritt die ersten Fortunate Cities in Form von Pilotprojekten bei der Transformation in Kombination mit unserer App und Expertise zu unterstützen. Bei dieser Bürger*innenbewegung fokussieren wir uns zunächst auf die DACH-Region.

MBS Insights: Der Wert des Verantwortungsbewusstseins wird auch an der Munich Business School gelebt und vermittelt. Wie hat dich dein Masterstudium an der MBS zu deiner nachhaltigen Geschäftsidee inspiriert und auf welche Kenntnisse, die du im Studium erworben hast, kannst du noch heute zurückgreifen?

Pascal Ritter: Nachdem ich meinen beruflichen Werdegang in der Recyclingbranche begonnen hatte, kam ich damals für meinen Master zur MBS mit dem Ziel, mir für höhere Managementpositionen fundierteres Wissen anzueignen. Meine Erwartungen lagen hierbei vor allem auf den klassischen Kursen à la Corporate Finance & Co., von diesen hatte ich mir vor dem Studium für meinen weiteren Weg am meisten erhofft. Im Nachhinein muss ich allerdings sagen, dass mich besonders die Soft-Skills-Module und Methoden zum Nachdenken und vielleicht auch zum Umdenken gebracht haben. Als Beispiele sind hierbei sicherlich der Kurs Successfactor Happiness mit Prof. Dr. Schmidkonz und mein Auslandssemenster in Indien zu nennen. In Bezug auf meine nachhaltige Geschäftsidee war Indien einer der Gamechanger, da ich als gelernter Recycler auf einmal gesehen habe, wie in einem so spannenden Land mit Müll umgegangen wird – oder eben nicht umgegangen wird.
P.S. Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Zirus, ich habe aus Corporate Finance II natürlich auch sehr viel mitnehmen können und die unterschiedlichen Formen der Unternehmensbewertung helfen mir heute umso mehr :).

MBS Insights: Welche Rolle spielen Innovationen und Start-ups deiner Meinung nach für die Entwicklung einer nachhaltigeren und grüneren Welt?

Pascal Ritter: Eine elementare! Ein kleines Boot dreht schneller als ein großer Frachter und kann auf neue Gegebenheiten schneller reagieren. Ähnlich sehe ich es auch in der Kombination mit Start-ups und Innovationen.

MBS Insights: Und zum Abschluss: Was ist dein Rat für junge Gründer*innen bzw. Studierende, die mit der Gründung eines Start-ups liebäugeln?

Pascal Ritter: Sofort machen! Auch wenn die Chance groß ist, dass es kein Erfolg wird, lernt man selbst so viel Neues, was einem langfristig in jedem Job helfen wird. Fangt mit kleinen Tests an und wenn ihr merkt, dass euch das Thema wirklich interessiert und anspornt, intensiviert eure Arbeit.
Sofern es die persönliche Situation zulässt und ihr noch keine genaue Idee habt: Nehmt euch drei Monate Zeit und fokussiert euch darauf, ohne Druck für euch persönlich zu erkennen, was ihr selbst im Leben sucht und wie euer Leben in 5, 10 und 30 Jahren aussehen soll. Dann sucht euch ein langfristiges Ziel, das euch auch noch in 10 Jahren antreiben wird, und baut darum ein Business Model, welches mit den eigenen Zielen in Harmonie steht.

MBS Insights: Vielen Dank, Pascal, für deine Zeit und die spannenden Einblicke in deine Arbeit. Viel Erfolg weiterhin!