Mit einer Recycling-App für eine nachhaltige Zukunft: Pascal Ritter, MBS-Alumnus und Gründer von The Fortunate Planet im Interview

Portrait of Pascal Ritter, alumnus of Munich Business School and founder of the recycling app "The Fortunate Planet"

Im Frühjahr 2021 hat MBS-Alumnus Pascal Ritter gemeinsam mit seinem Team die App The Fortunate Planet gelauncht – eine Recycling-App, die Nutzer*innen zur richtigen Müllentsorgung animiert und darüber aufklärt und zugleich Kommunen bei der Digitalisierung ihrer Entsorgungsindustrie unterstützt. Im Interview stellt uns Pascal Ritter sein Start-up genauer vor, spricht über die nächsten Ziele und erläutert, wie ihn sein Masterstudium an der Munich Business School hinsichtlich der Gründung geprägt hat.


MBS Insights: Pitchen gehört in der Start-up-Szene zum Tagesgeschäft. Kurz und knapp: Was steckt hinter deinem nachhaltigen Start-up The Fortunate Planet? Überzeug uns!

Pascal Ritter: Mein Team und ich entwickeln eine Umwelt-Tracking-Plattform, mit welcher Städte und Gemeinden ihr Abfallmanagement optimieren können, indem wir alle relevanten Stakeholder*innen miteinander vernetzen und Vorteile bieten. Mit der Plattform wollen wir vor allem der Recyclingindustrie dabei helfen, mehr Rohstoffe zu recyceln, und so die Recyclingquoten kontinuierlich ansteigen lassen, denn diese sind auf globaler Ebene alarmierend. Als ausschlaggebendes Beispiel steht hierbei an erster Stelle Plastik: Im Jahre 2019 wurden weltweit 400 Millionen Tonnen Kunststoff produziert, von denen gerade einmal 72 Millionen Tonnen stofflich verwertet wurden, was nur 18 % sind. Ähnliche Quoten gelten auch für Elektroschrott, Glas, Papier, Metall usw. Die meisten Abfälle werden verbrannt, landen auf Müllkippen oder in der Natur.
Dabei ist Müll, korrekt entsorgt, wieder Rohstoff für die nächsten Teilnehmer*innen in der Wertschöpfungskette. Das bedeutet, umso höher die Recyclingquoten sind, desto näher kommen wir der Circular Economy mit geschlossenen Wertstoffkreisläufen. Mit unserer neu entwickelten App The Fortunate Planet wollen wir einen Beitrag leisten und Menschen spielerisch dazu motivieren, ihren eigenen Müll korrekt zu entsorgen, indem alle relevanten Informationen dafür in nur einer App angeboten werden und sie für ihren Beitrag belohnt werden.
Wir als Software-Unternehmen entwickeln die notwendige Plattform und helfen Städten und Gemeinden auf ihrem Weg in die Digitalisierung und zur Circular City.

MBS Insights: Klingt spannend! Auf eurer Website wird das Produkt als „die Recycling-App mit dem Gaming-Faktor“ beschrieben. Kannst du uns mehr über diese Gamfication-Elemente erzählen? Wie funktioniert das genau und warum braucht es deiner Meinung nach diese Elemente? Wäre es nicht schöner, wenn es ohne diesen Belohnungsfaktor funktionieren würde?! 

Pascal Ritter, alumnus of Munich Business School, in front of a trash can using the app "The Fortunate Planet"

Pascal Ritter: Ja, das wäre die Wunschvorstellung. Leider zeigen die Recyclingquoten, dass es bislang allerdings nicht allzu erfolgreich funktioniert und Beispiele wie das PET-Pfandflaschensystem machen klar, dass mit Hilfe einer Incentivierung gewaltige Anstiege in Bezug auf die korrekte Entsorgung erreicht werden können. Diese Erkenntnisse haben wir als Basis für unser Konzept genommen und mit Gamification-Elementen vermischt, um User*innen spielerisch aufzuklären, WO und WIE sie ihren Müll entsorgen können, und ihnen gleichzeitig Anreize zu schaffen, dies auch umzusetzen.
In der ersten Phase der App kartieren User*innen auf ganz einfache Weise, wo sich Abgabemöglichkeiten befinden, und erhalten für jede verifizierte Abgabestelle sogenannte EcoCredits, wodurch sie in Levels aufsteigen. Außerdem können sie die EcoCredits im App eigenen Marketplace gegen Gutscheine und Rabatte von Partner*innen eintauschen. Dies ist die „Grundinstallation“ einer Stadt und elementar für alle weiteren Schritte. Ziel dabei ist es, das erste flächendeckende Netzwerk von Müllabgabestellen aufzubauen und Hilfestellung zu leisten, wenn man beispielsweise auf der Suche nach der nächstgelegenen öffentlichen Mülltonne oder einem Glascontainer ist.
Sobald die Grundinstallation einer Stadt erfolgt ist, können User*innen im nächsten Schritt an jeder verifizierten Abgabestellen „einchecken“ und unterschiedliche Aktivitäten vornehmen. Von Zustandsmeldungen der Abgabestelle über „Mülleimer voll“-Meldungen bis hin zum Entsorgungstracking eines wertvollen Recyclingrohstoffs stehen User*innen unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung, um weitere EcoCredits zu erspielen und so auf eine spielerische Art und Weise nicht nur Gutes für die Umwelt zu leisten, sondern auch dafür belohnt zu werden.
Die App dient hierbei als Kommunikationsplattform zwischen den Einwohner*innen und der Gemeinde bzw. den Entsorgungsorganisationen, welche die Meldungen der unterschiedlichen Check-ins an den Abgabestellen erhalten und daraufhin z.B. schneller wissen, welcher Mülleimer voll ist und an welchen Abgabestellen wichtige Recyclingrohstoffe abgegeben wurden.

MBS Insights: Wie habt ihr die Unternehmen, bei denen die App-User*innen ihre EcoCredits einlösen können, ausgewählt? Was war dir und deinem Team hier wichtig?

Pascal Ritter: Wir haben den Green Marketplace – so heißt unser Marktplatz- erst Ende April gelauncht. Von daher ist dieser noch relativ frisch und wir befinden uns derzeit in einer zweimonatigen Testphase, während der wir zwei Ziele verfolgen: Wir wollen nationale Partner*innen mit nachhaltigen Projekten und den lokalen Handel fördern.
Ganz im Sinne von „Think global, act local“ soll mit dem Green Marketplace eine Werbeplattform geschaffen werden, welche nachhaltige Partnerangebote vertritt und gleichzeitig dem Café um die Ecke die Möglichkeit gibt, die lokalen User*innen für ihre umweltfreundlichen Aktivitäten zu belohnen. So haben wir den Marketplace in zwei Bereiche aufgeteilt. Im ersten Bereich werden unter „online“ alle nationalen Angebote aufgelistet und unter der Rubrik „lokal“ nur Angebote aus der Stadt, in der sich der*die User*in gerade befindet.

MBS Insights: Von der ersten Idee bis zum Produktlaunch: Wie lange beschäftigt dich schon deine Geschäftsidee? Wann wurde der Gründergeist in dir geweckt? Was waren bisher die größten Herausforderungen, aber auch größten Meilensteine?

Team of The Fortunate Planete at Work

Pascal Ritter: Die Idee zu The Fortunate Planet kam mir im November 2019, als ich auf einer Backpacking-Tour durch Südamerika war – ein Moment, der meine weitere Reise entschieden veränderte, da ich anschließend mehr Zeit mit Konzeptarbeit als am Strand verbrachte. Damals hatte das Projekt allerdings noch einem etwas anderen Fokus: Ich wollte eine Clean-up-App entwickeln, mit der Umweltwohltäter*innen ihre Clean-Ups tracken und anschließend direkt mit Sponsoren vernetzt und belohnt werden können, um viel mehr Menschen dafür zu motivieren, die Umwelt aufzuräumen. Ich dachte mir, wenn es da draußen Menschen gibt, die durch Tanzvideos auf TikTok & Co. ihr Einkommen bestreiten können, muss es doch auch dafür langfristig einen Markt geben.
Diesen Fokus haben wir in der ersten Testphase dann allerdings verworfen, da er das Problem der Vermüllung nicht an Wurzel packt und dieses nicht grundlegend hätte gelöst werden können. Denn sofern der gesammelte Müll falsch entsorgt wird und die Entsorger*innen den Müll am Ende nicht weiterverarbeiten und, so wie es leider meist geschieht, wieder in die Natur werfen, ist auch der beste Clean-up nutzlos und wir haben zwar Kreislauf, aber mehr in Richtung eines Teufelskreises. Das Entscheidende ist für uns die korrekte Entsorgung – und hierbei kam auch gleich eine der größten Herausforderungen bei der Entwicklung der App auf uns zu: Welche Entsorgungsstelle ist nun recyclingfreundlich und welche Stadt hat seine Abgabestellen bereits digitalisiert? Aus dieser Not heraus haben wir das Spotten der Müllabgabestellen in die App integriert, um langfristig ein flächendeckendes Netzwerk aufzubauen, von dem alle User*innen profitieren und das gleichzeitig den Städten hilft, ihre Müllabgabestellen zu klassifizieren und zu digitalisieren.
Der größte Meilenstein in der jüngsten Vergangenheit war sicherlich der App-Launch zum Global Recycling Day am 18. März 2021 Wir hatten ursprünglich geplant, die App im April auf den Markt zu bringen und haben letztlich vier Wochen früher als geplant die App im App-Store gelauncht, um extra für den Global Recycling Day online zu sein. Dabei hat das ganze Team einen Riesenjob geleistet und bis zum Schluss gezittert. Am Ende war die App am 18.03 um 6:21 Uhr genehmigt und ab 9:53 Uhr morgens verfügbar – Punktlandung.

MBS Insights: The Fortunate Planet wurde kürzlich von den drei Dachverbänden BDE, BDSV und VDM als „Bestes Start-up der Kreislaufwirtschaft 2021“ ausgezeichnet. Was bedeutet die Auszeichnung für euch und was sind die nächsten Schritte eurer Bewegung?

Pascal Ritter: Es freut uns ungemein, unter all den innovativen Recycling-Start-ups ausgezeichnet zu werden und die Wertschätzung zu erhalten, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Gleichzeitig wissen wir auch, dass wir noch ganz am Anfang einer langen Reise stehen, viel lernen können und die Konkurrenz nicht schläft. Von daher ist diese Auszeichnung Ansporn mit der gleichen Zielstrebigkeit weiter voranzugehen und im nächsten Schritt die ersten Fortunate Cities in Form von Pilotprojekten bei der Transformation in Kombination mit unserer App und Expertise zu unterstützen. Bei dieser Bürger*innenbewegung fokussieren wir uns zunächst auf die DACH-Region.

MBS Insights: Der Wert des Verantwortungsbewusstseins wird auch an der Munich Business School gelebt und vermittelt. Wie hat dich dein Masterstudium an der MBS zu deiner nachhaltigen Geschäftsidee inspiriert und auf welche Kenntnisse, die du im Studium erworben hast, kannst du noch heute zurückgreifen?

Pascal Ritter: Nachdem ich meinen beruflichen Werdegang in der Recyclingbranche begonnen hatte, kam ich damals für meinen Master zur MBS mit dem Ziel, mir für höhere Managementpositionen fundierteres Wissen anzueignen. Meine Erwartungen lagen hierbei vor allem auf den klassischen Kursen à la Corporate Finance & Co., von diesen hatte ich mir vor dem Studium für meinen weiteren Weg am meisten erhofft. Im Nachhinein muss ich allerdings sagen, dass mich besonders die Soft-Skills-Module und Methoden zum Nachdenken und vielleicht auch zum Umdenken gebracht haben. Als Beispiele sind hierbei sicherlich der Kurs Successfactor Happiness mit Prof. Dr. Schmidkonz und mein Auslandssemenster in Indien zu nennen. In Bezug auf meine nachhaltige Geschäftsidee war Indien einer der Gamechanger, da ich als gelernter Recycler auf einmal gesehen habe, wie in einem so spannenden Land mit Müll umgegangen wird – oder eben nicht umgegangen wird.
P.S. Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Zirus, ich habe aus Corporate Finance II natürlich auch sehr viel mitnehmen können und die unterschiedlichen Formen der Unternehmensbewertung helfen mir heute umso mehr :).

MBS Insights: Welche Rolle spielen Innovationen und Start-ups deiner Meinung nach für die Entwicklung einer nachhaltigeren und grüneren Welt?

Pascal Ritter: Eine elementare! Ein kleines Boot dreht schneller als ein großer Frachter und kann auf neue Gegebenheiten schneller reagieren. Ähnlich sehe ich es auch in der Kombination mit Start-ups und Innovationen.

MBS Insights: Und zum Abschluss: Was ist dein Rat für junge Gründer*innen bzw. Studierende, die mit der Gründung eines Start-ups liebäugeln?

Pascal Ritter: Sofort machen! Auch wenn die Chance groß ist, dass es kein Erfolg wird, lernt man selbst so viel Neues, was einem langfristig in jedem Job helfen wird. Fangt mit kleinen Tests an und wenn ihr merkt, dass euch das Thema wirklich interessiert und anspornt, intensiviert eure Arbeit.
Sofern es die persönliche Situation zulässt und ihr noch keine genaue Idee habt: Nehmt euch drei Monate Zeit und fokussiert euch darauf, ohne Druck für euch persönlich zu erkennen, was ihr selbst im Leben sucht und wie euer Leben in 5, 10 und 30 Jahren aussehen soll. Dann sucht euch ein langfristiges Ziel, das euch auch noch in 10 Jahren antreiben wird, und baut darum ein Business Model, welches mit den eigenen Zielen in Harmonie steht.

MBS Insights: Vielen Dank, Pascal, für deine Zeit und die spannenden Einblicke in deine Arbeit. Viel Erfolg weiterhin!


Banner "Studiere Wirtschaft in München"


Du interessierst dich für Wirtschaft und möchtest umfassendes Business Know-How erwerben?
Dann sind die internationalen BWL-Studiengänge an der Munich Business School (MBS) genau das Richtige für dich! An der MBS paukst du keine trockene Theorie aus alten Lehrbüchern, sondern lernst ergebnisorientiert und sammelst wertvolle praktische Erfahrungen. Überzeuge dich selbst:

Bachelor International Business
Master International Business
Master International Business I Finance
Master Innovation and Entrepreneurship
Master International Marketing and Brand Management
Master Sports Business and Communication
MBA General Management
Doctor of Business Administration