25 Jahre – 25 Köpfe: Silvia Semidei, Pierre Semidei, Dr. h.c. Rudolf Gröger

25 Jahre 25 Köpfe

Das akademische Jahr 2016/17 ist für die Munich Business School ein ganz besonderes: Die MBS feiert ihr 25-jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass präsentieren wir Ihnen in der Blog-Reihe „25 Jahre – 25 Köpfe“ 25 Persönlichkeiten aus dem MBS Kosmos und ihre Geschichten aus 25 Jahren Munich Business School.

Persönlichkeit durch Bildung

Silvia Semidei, Pierre Semidei, Dr. h.c. Rudolf Gröger

von Silvia Semidei, Vorsitzende der Geschäftsführung ESO Education Group, Geschäftsführung Munich Business School  

MBS Silvia Semidei
Silvia Semidei

Als Vorsitzende der Geschäftsführung stehe ich seit 2009 der ESO Education Group vor, einem der größten Zusammenschlüsse privater Bildungsträger in Deutschland. Die Munich Business School (MBS) ist eine von mehr als 120 Mitgliedseinrichtungen der ESO Education Group – und ein Musterbeispiel für ihr Credo „Persönlichkeit durch Bildung“.

Nicht nur, weil die Persönlichkeitsbildung zu den wichtigsten Grundwerten der Studiengänge an der MBS gehört. Darüber hinaus verkörpert die MBS, obwohl erst seit 1998 Teil der ESO, wie kaum eine andere Hochschule das Bildungskonzept, für das der Gründer der ESO, mein Mann Pierre Semidei, vor 50 Jahren den Grundstein legte. Leider verstarb er, viel zu früh, 2009 im Alter von 69 Jahren. Sein Verständnis von Bildung und, in diesem Zusammenhang, den Werdegang der Munich Business School möchte ich Ihnen in diesem Beitrag skizzieren.

„Nur Persönlichkeiten bewegen die Welt, niemals Prinzipien“ – Oscar Wilde

MBS Pierre Semidei
Pierre Semidei

Pierre Semidei war von frühester Kindheit an mit Bildung konfrontiert. Sein Vater, Landrat, starb, als er sieben Monate alt war. Seine ihn alleinerziehende Mutter war Schuldirektorin, so wurde er selbst bereits mit drei Jahren „eingeschult“. Nach der Grundschule wechselte er auf das Gymnasium in Bastia auf seiner Heimatinsel Korsika, war dort auf sich alleine gestellt und sah seine Mutter nur in den Ferien. Mit 16 Jahren musste er die Schule aufgrund schlechter Leistungen und ungebührlichen Betragens frühzeitig verlassen.

Die Bibliothek des Gymnasiums war sein Rückzugsort, die großen französischen Literaten sein Zeitvertreib, die er unterhaltsamer fand als den regulären Unterrichtsstoff. Vor allem berühmte Romanautoren wie Stendhal, Flaubert und Balzac oder bedeutende Dichter wie Baudelaire, Verlaine und Rimbaud hatten es ihm angetan. Querdenker, wie er selbst einer war. Dass es ihm später in Marseille gelang, sein Abitur zu machen, bezeichnete sogar er selbst als „ein Wunder“.

Nach seinem Studium in Literatur und Philologie kam er nach Deutschland, arbeitete als Übersetzer auf der NATO-Basis in Mannheim und schließlich als Sprachlehrer an der Berlitz-Schule in Frankfurt: „Die Diskrepanz zwischen einem derart bekannten Namen und der Mittelmäßigkeit des Unterrichts schockiert mich!“, schrieb er einmal in einer Rückschau. Getrieben vom Wunsch nach qualitativer und persönlichkeitsorientierter Bildung gründete er 1966 seine erste Bildungseinrichtung, die „Euro-Sprachschule“ in Aschaffenburg – die Geburtsstunde der späteren ESO Education Group.

„Der schädlichste Satz in jeder Sprache ist: So haben wir das immer gemacht“ – Grace Hopper

Sein Bildungskonzept war neu, erfolgreich und gefragt: Schnell kamen weitere Sprachschulen hinzu, teils durch Zukäufe, teils durch Neugründungen. Darüber hinaus machte er sich kontinuierlich und auf vielfältige Weise um das deutsche Bildungswesen verdient:

So war er an der Entwicklung von Curricula für Ausbildungsberufe im Sprachenbereich beteiligt, zum Beispiel für Fremdsprachenassistenten bzw. -korrespondenten. In den 1970er und 1980er Jahren etablierte er gewerblich-technische Lehrwerkstätten sowie im medizinalen und sozialen Bereich Aus- und Weiterbildungsprogramme zur Integration von Arbeitskräften aus dem Ausland und Spätaussiedlern. Dort wurde Sprache in Kombination mit der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie gesellschaftlicher Integration gelehrt. Interkulturelle Aspekte spielten dabei ebenso eine große Rolle wie humanistische Aspekte.

Im folgenden Jahrzehnt trieb er die Internationalisierung von Bildung durch internationalen Austausch und Kooperationen voran. Und durch sein Engagement im Bildungsnetzwerk ESA (European Schools for Higher Education in Administration and Management) wirkte er aktiv an der Entwicklung zukunftsorientierter Bildungskonzepte im beruflichen und akademischen Bereich mit.

Anfang der 1990er Jahren baute er die Führungskräfte-Ausbildung mit dem Schwerpunkt Management als neues Geschäftsfeld bei ESO aus und kombinierte die Curricula existierender Managementausbildungen mit den in den Niederlanden und Großbritannien bestehenden Bachelor-Programmen, lange vor der Bologna-Reform. Diese neu entstandenen Angebote waren der damaligen Zeit weit voraus. Business Schools – und in der Folge Fachhochschulen – wurden zur neuen Kompetenz der ESO, auch der Zukauf der Munich Business School (damals: Europäische Betriebswirtschafts-Akademie) fällt in diese Zeit. Im Jahr 1999 wurde die MBS die erste private Hochschule in Bayern.

Den Mauerfall sah er als Herausforderung, aber auch als Vorbote der europäischen Einheit und der immer wichtigeren interkulturellen Verständigung. Mit Sprache und Bildung als entscheidende Triebfedern. So eröffnete er innerhalb von zwölf Monaten 21 Standorte in den neuen Bundesländern. Anders als andere setzte er dabei auf die hohe Kompetenz, das große Engagement und die enorme Motivation der Bürger der neuen Bundesländer. Die Leitungsposition der dort gegründeten Schulen besetzt er ausschließlich mit ihnen. Neue Standorte entstanden auch in Tschechien und in der Slowakei.

„Menschen bilden bedeutet nicht, ein Gefäß zu füllen, sondern ein Feuer zu entfachen“ – Aristophanes

Ich selbst bin gelernte Industriekauffrau, habe nach dieser Ausbildung Ökonomie und Philosophie studiert. Meinen Mann lernte ich 1994 auf der Jubiläumsfeier einer Euro-Schule kennen, an der ich neben meiner Promotion als Honorardozentin arbeitete. Vom ersten Augenblick an war es das Interesse für Bildung, das uns einte, das uns im Laufe der Jahre immer wieder gegenseitig befruchtete und meine Begeisterung für zukunftsorientierte Bildungskonzepte immer weiter wachsen ließ. Ich gab mein Promotionsvorhaben auf und konzentrierte mich stattdessen darauf, ein umfassendes Qualitätsmanagement für die ESO zu entwickeln. Bis hin zur so wichtigen Zertifizierung ISO 9001 – die wir 1996 als erste Organisation im Bildungswesen erhielten.

Nach dem schmerzhaften Tod meines Mannes im März 2009 übernahm ich die Führung der ESO und sah mich neuen Herausforderungen gegenübergestellt, privat wie beruflich. Gemeinsam schrieb ich mit den Führungskräften das Leitbild für die ESO Education Group fest, aufbauend auf den Visionen und Wertvorstellungen meines Mannes – allen voran Qualität, Individualität und Internationalität von Bildung.

MBS Rudolf Gröger
Dr. h.c. Rudolf Gröger

Es war ein großer Glücksfall, dass ich auf der Suche nach einem Präsidenten für die Munich Business School auf Herrn Dr. h.c. Rudolf Gröger aufmerksam wurde, Top-Manager und ehemals CEO von O2. Mit großer Freude nahm er mein Angebot an, der erste Präsident der MBS zu werden. Er war die perfekte Besetzung für dieses Amt, nicht nur aufgrund seiner Erfahrung im internationalen Business und in der Markenentwicklung.

Herr Dr. Gröger verkörperte in perfekter Weise die Kombination von Management und Bildung. In seinen Ansichten, in seiner Denkweise sah ich viele Parallelen zu den Ideen meines Mannes. Beide waren sie Selfmademen, hatten diese Willensstärke, diesen unumstößlichen Qualitätsanspruch, aber auch immer die Bodenhaftung behalten. Die größte und wichtigste Gemeinsamkeit der beiden war jedoch ihre Begeisterung für die Arbeit mit jungen Menschen. Sie individuell zu fördern, weiterzuentwickeln und ihre Erfahrungen mit ihnen zu teilen, das war ihre Leidenschaft und größte Motivation.

„Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben“ – Albert Einstein

Es entwickelte sich eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit. So durfte ich auch auf den hochgeschätzten professionellen Rat von Dr. Gröger hinsichtlich der zukünftigen Ausrichtung der MBS als auch der ESO zurückgreifen. Dr. Gröger beriet mich nicht nur, er brachte sich proaktiv und mit Begeisterung in den Gestaltungsprozess der Markenarchitektur der ESO ein. So entstanden schließlich die Bezeichnung und das Konstrukt „ESO Education Group“.

Dr. Gröger verstarb überraschend im Oktober des vergangenen Jahres, auch er leider viel zu früh, mit gerade einmal 60 Jahren. Zuvor hatte er entscheidend dazu beigetragen, wofür die MBS heute steht: Das eingangs erwähnte Musterbeispiel einer modernen und internationalen Hochschule, die neben der fachlichen Ausbildung in Theorie und Praxis die Persönlichkeitsbildung ihrer Studierenden hin zu verantwortungsbewussten Managern und Gründern von morgen in den Mittelpunkt stellt. Mein Mann wäre stolz auf das, was die MBS heute verkörpert. Und ich bin es auch.

Mit Herrn Prof. Dr. Stefan Baldi als langjährigem Dekan, Frau Nathalie von Seyfried als Kanzlerin und dem gesamten hoch engagierten Team an Professoren, Lehr-, Service-, Marketing-, Beratungs- und Verwaltungsmitarbeitern ist die MBS sehr gut für die Zukunft aufgestellt. All diese Menschen stehen tagtäglich verantwortungsvoll, kreativ und nachhaltig für das Credo „Persönlichkeit durch Bildung“ ein und setzen sich für den beruflichen Erfolg unserer Studenten ein, die beachtliche Karrieren machen und weltweit erfolgreich im Einsatz sind. Ein größeres Kompliment gibt es nicht, eine bessere Voraussetzung als Bildung kann es für Völkerverständigung und Frieden nicht geben.