Online-Lehre aus Professoren-Sicht. Ein Interview.

Online-Lehre

Welche Herausforderungen und Veränderungen bringt das Format der Online-Lehre eigentlich für Professorinnen und Professoren mit sich? Im Interview berichten die MBS Prodekane Prof. Dr. Patrica Kraft und Prof. Dr. Heiko Seif von ihren Erfahrungen und werfen einen optimistischen Blick in die Zukunft. Wiebke Lehnert, Marketing & Communication Manager an der MBS, sprach mit den beiden Professoren.

Seit 16. März finden die Vorlesungen der Munich Business School ausschließlich online statt. Die Umstellung auf Online-Unterricht erfolgte binnen weniger Tage. Wie haben Sie als Professorin und Professor die Umstellung wahrgenommen?

Prof. Dr. Patricia Kraft: Die Umstellung auf Online-Unterricht traf uns zwar plötzlich, aber nicht unvorbereitet. Seit einiger Zeit arbeiten wir an einer Digital-Strategie für die Lehre und hatten auch schon vor Corona regelmäßig, punktuell und in einzelnen Kursen Online-Lehrelemente im Einsatz. Ende Februar hatten wir dazu – ganz unabhängig von den Entwicklungen rund um das Coronavirus – wieder ein Treffen mit einem externen Dienstleister zur Ausrollung von Online-Vorlesungen. Wir haben einen neuen Piloten für Herbst 2020 geplant. Dass knapp drei Wochen später alle Lehrveranstaltungen online stattfinden würden, konnte zu dem Zeitpunkt noch niemand voraussehen.

Prof. Dr. Heiko Seif: Es ist unglaublich, wie schnell Dinge realisiert werden können, wenn es auf einmal sein muss und erst einmal die Barrieren im Kopf weggeschafft werden. Im Bezug auf das Projekt zur Ausrollung von Online-Unterricht hat uns das Coronavirus wirklich Geld sparen lassen, da wir diesen Schritt letzten Endes ganz ohne den externen Dienstleister geschafft haben.

Sie haben die „Barrieren im Kopf“ angesprochen, Herr Seif. Tatsächlich kann ich mir vorstellen, dass nicht alle Professorinnen und Professoren der Umstellung auf Online-Lehre so entspannt entgegenblickten wie Ihrer einer, der sich von Berufswegen schon detailliert mit der Digitalisierung auseinandersetzt. Es gibt sicher Themen und Inhalte, die sich online leicht darstellen lassen, aber auch andere, bei denen sich das schwieriger gestaltet.

Prof. Dr. Heiko Seif: Vollkommen richtig. Kommunikation, Austausch und gegenseitige Unterstützung waren hier die Schlüssel zum Erfolg. In den vier Tagen, die uns von dem Beschluss bis zur Umsetzung der Online-Lehre blieben, haben wir Schulungen zu Microsoft Teams angeboten. Das war schon einmal ein wichtiger Grundstein. Darüber hinaus haben sich online erfahrenere und affinere Professorinnen und Professoren mit weniger erfahreneren Kollegen zusammengesetzt und Detailfragen geklärt. Und bevor die ersten Vorlesungen dann live gingen, gab es über das Wochenende im Kollegenkreis Probe-Vorlesungen, Checks zur IT und möglichen virtuellen Interaktionsmöglichkeiten mit den Studierenden.

Prof. Dr. Patricia Kraft: Und dieser Zusammenhalt und Austausch innerhalb der Professorenschaft hält bis heute an. Wir haben ein eigenes Team zum Erfahrungsaustausch eingerichtet und bei unserem virtuellen Professoren Roundtable vor kurzem waren der Austausch, die Stimmung und die Präsenz besonders gut, das ist großartig! Auch virtuelle bilaterale Treffen – z.B. ein virtueller gemeinsamer Kaffee am Morgen – werden genutzt, um den informellen Informationsaustausch, der sonst an der MBS in den Büros oder an der Kaffeemaschine stattfindet, auszugleichen. Die Umstellung auf Online-Lehre hat in uns allen nochmal eine ganz neue Dynamik hervorgerufen. Auch wenn wir Professoren und natürlich viele weitere Kolleginnen und Kollegen beispielsweise in der Studienorganisation einiges an Mehrarbeit in Kauf nehmen mussten, hat es sich definitiv gelohnt, denn nur so konnten wir unseren Studierenden eine nahtlose Fortführung des Semesters gewährleisten.

Wie kommen die Studierenden mit der Online-Lehre zurecht? Bemerken Sie Unterschiede in der Interaktion?  

Prof. Dr. Heiko Seif: Ich persönlich merke keinen großen Unterschied in der Interaktion mit den Studierenden. Die meisten Studierenden sind tatsächlich einfach glücklich und dankbar, dass sie ihr Studium ohne größere Einbußen weiterführen können. Dieses Verständnis ist nicht selbstverständlich, hier zeigt sich, dass eine enge Gemeinschaft, ein guter Austausch und das Gefühl der MBS als Homebase essenzielle Erfolgsfaktoren für Veränderungsprozesse sind. Auf viele der geplanten Veranstaltungen, wie z.B. Gastvorträge von Vertretern aus der Wirtschaft und Industrie, müssen die Studierenden auch im Online-Format nicht verzichten – das hatten wir schon frühzeitig geklärt und organisiert. Sicher, viele unserer internationalen Studierenden, die in ihre Heimatländer zurückgereist sind, sehen sich jetzt mit neuen Challenges konfrontiert und es ist bestimmt nicht ganz unanstrengend, Gruppenarbeiten über die ganze Welt verteilt zu organisieren oder Vorlesungen immer am späten Abend oder frühen Morgen wahrnehmen zu müssen, aber spätestens, wenn die Professorin sagt, dass sie um 8 Uhr morgens auch noch im Schlafanzug dasitzt, sind alle wieder mit an Bord (lacht).

Wie sieht die weitere Planung aus? Wie gestaltet sich das Abnehmen der Abschlussprüfungen, die an der Munich Business School für gewöhnlich im Mai stattfinden?

Prof. Dr. Patricia Kraft: Niemand kann zurzeit voraussehen, wie lange die aktuelle Situation noch bestehen bleibt. Für uns als Hochschule ist auch klar, dass wir uns nicht von politischen Entscheidungen abhängig machen können und mitunter schneller reagieren müssen. Denn auch wenn es Anfang Mai heißen sollte, die Ausgangs- und Reisebeschränkungen sind aufgehoben, müssen wir sehen, dass unsere Studierenden im Ausland bisweilen nicht innerhalb weniger Tage nach Deutschland zurückkehren können, um eine Prüfung abzulegen. Deshalb haben wir beschlossen, das Semester online abzuschließen und bis Ende April keine Präsenzformate mehr anzubieten. Auch für die Abschlussprüfungen in allen Programmen, mit wenigen Ausnahmen im Bachelor-Programm, haben die Dozierenden in Zusammenarbeit mit den Studiengangsleitern und dem Prüfungsamt alternative Prüfungsleistungen ausgearbeitet, die keine Präsenz erfordern. Die wenigen Präsenzprüfungen im Bachelor International Business werden Anfang September zu Beginn des Herbstsemesters stattfinden. Es ist jetzt wichtig, unsere Flexibilität, Agilität und neu gewonnene Expertise auf dem Gebiet der Online-Lehre für die weitere Zukunft zu nutzen. So wollen wir zum Herbstsemester 2020 auch weiterhin internationalen Interessierten ein Studium an der MBS ermöglichen, indem diese – sollte es erforderlich sein – das Studium zunächst online wahrnehmen und erst später einreisen.