
Jaimin Shah studiert im letzten Semester im Bachelor International Business an der Munich Business School. Während seines Studiums gründete er außerdem sein eigenes Unternehmen – nicht in Deutschland, sondern seinem Heimatland Indien. Was sein Unternehmen zum Gegenstand hat, wie er mit der Doppelherausforderung von Studium und eigener Firma umgeht und was die nächsten Karriereziele sind, erzählt er uns im Interview.
MBS Insights: Lieber Jaimin, erzähl uns ein bisschen mehr über dich und dein Unternehmen: Was hat es zum Gegenstand und wann hast du es gestartet?
Jaimin Shah: 2018 haben meine Schwester und ich Visa Vistara gegründet – eine Bildungsberatung, die Studierenden hilft, die richtigen Hochschulen und Studienprogramme im Ausland zu finden. Außerdem helfen wir den Studierenden auch bei den Zulassungs- und Visumsprozessen. Visa Vistara konzentriert sich hauptsächlich darauf, das Bewusstsein über das europäische Bildungssystem zu verbreiten, da indische Schüler*innen und Studierende beispielsweise wenig über die deutschen, französischen und spanischen Bildungssysteme wissen. Visa Vistara hat derzeit vier Mitarbeiter*innen – drei in Vollzeit und eine Person in Teilzeit – und bisher haben wir mehr als 15 Studierenden geholfen, die passenden Kurse zu finden und sich einen Platz an europäischen Universitäten zu sichern.
MBS Insights: Wie bist du auf die Idee gekommen, eine Bildungsagentur zu gründen? Was ist deine Motivation dahinter?
Jaimin Shah: Ich bin 2016 selbst nach Deutschland gezogen und habe gemerkt, dass viele indische Studierenden keine Vorstellung von dem Visumsprozess, den erforderlichen Sprachkursen und weiteren Zulassungsvoraussetzungen für ein Studium in Europa hatten. Ich wurde von vielen Studierenden aus verschiedenen Teilen Indiens über die sozialen Medien kontaktiert und mir wurde klar, dass es an der Zeit ist, das Bewusstsein über das deutsche Bildungssystem zu verbreiten und Interessierten volle Unterstützung bei den Zulassungs- und Visumsprozessen zu geben. Auf diese Weise konnte ich mein Wissen nutzen und den Studierenden helfen, einen Platz an ihrer Wunschhochschule zu bekommen.
MBS Insights: Du studierst und lebst in München, deine Agentur aber ist in Indien. Wie hast du deine Arbeit koordiniert? Ich kann mir vorstellen, dass die Zeitverschiebung und die Doppelbelastung eines Studiums und eines eigenen Unternehmens manchmal durchaus herausfordernd sind.
Jaimin Shah: Ja, am Anfang war es sehr schwierig, vor allem, weil ich mein Unternehmen nach dem ersten Studiensemester gegründet habe und das Arbeitspensum an der MBS insbesondere in den ersten drei Semestern ziemlich hoch ist. Nach ein paar Monaten des Kampfes wurde mir klar, dass es vor allem darauf ankommt, wie man seinen Tag plant und gestaltet. Also entschied ich mich für eine feste Routine und begann um sechs Uhr morgens deutscher Zeit für Visa Vistara zu arbeiten, was aufgrund der Zeitverschiebung zu Indien sehr gut möglich war. Tagsüber besuchte ich Kurse an der MBS und am späten Abend erledigte ich meine noch anstehenden Aufgaben. So konnte ich mich regelmäßig mit meinen indischen Kolleg*innen abstimmen und meine Wochenenden für die Studienleistungen und Prüfungsvorbereitungen nutzen.
MBS Insights: Was sind die größten Learnings und wertvollsten Erfahrungen, die du aus deiner Unternehmungsgründung und dem Arbeiten im internationalen Kontext mitnimmst? Bemerkst du z.B. Unterschiede zwischen der deutschen und indischen Arbeitskultur und wie gehst du damit um?
Jaimin Shah: Es gibt viele Dinge, die ich während meiner Reise bei der MBS und Visa Vistara gelernt habe. Ich denke, die Gründung des Unternehmens ist das Größte, was ich in meiner beruflichen Laufbahn erreichen konnte. Es war nicht einfach, die Idee in die Realität umzusetzen, aber dennoch war es die wertvollste Erfahrung, da ich eine Menge Fehler gemacht habe, aber aus allen gelernt habe und als Person wachsen konnte. In den ersten Tagen von Visa Vistara konnte ich die Grundlagen von Business und Management, die ich an der MBS gelernt habe, anwenden. Mein Studium hat mir sehr geholfen, die internen Geschäftsfunktionen zu verstehen, und mich gut darauf vorbereitet, eine internationale Führungskraft zu werden. Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen der deutschen und der indischen Arbeitskultur, aber da ich in beiden Kulturen gearbeitet hatte, wusste ich bereits, dass es für die Führung von Menschen wichtig ist, ihnen bei der Arbeit Freiheiten zu geben und ihnen zu erlauben, ihre Kreativität und Fähigkeiten zu entfalten. Ich versuche, so indisch wie möglich zu sein, während ich mich mit meinen Kolleg*innen und dem Kund*innen abstimme, und mich auf die deutsche Arbeitskultur zu konzentrieren, wenn ich arbeite und die Zulassungs- und Visumsanträge der Kund*innen erledige. Außerdem achte ich darauf, meiner Arbeit und den geschäftlichen Beziehungen eine persönliche Note zu geben, da dies in Indien sehr geschätzt wird.