Influencer als Marketinginstrument – eine empirische Untersuchung der Glaubwürdigkeit und Interessen von Konsumenten und Influencern

»A brand is no longer what we tell the consumer it is – it is what consumers tell each other it is.« – Scott Cook, co-founder, Intuit.

In den vergangenen Jahren ist das Influencer Marketing zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Waren es zunächst Einblicke in den Alltag eines Influencers, die online gewonnen werden konnten, ist es inzwischen kaum noch möglich, deren werblichen Beiträgen zu entkommen. Während man zu Beginn sicher sein konnte, dass Produkte aus persönlicher Überzeugung und eigener Erfahrung empfohlen wurden, kann man sich darauf inzwischen nicht mehr zweifelsfrei verlassen. Ein Blick auf die von Influencern aufgegriffenen Themen in werblichen Posts macht schnell deutlich, dass eine Vielzahl ähnlicher Produkte bzw. Marken beworben werden. Doch wie glaubwürdig ist diese Art von Werbung, wenn Produkte empfohlen werden, für die Influencer offensichtlich bezahlt werden? Die Glaubwürdigkeit von Influencern wird aktuell viel diskutiert: Setzt man sich mit dieser auseinander, stößt man auf widersprüchliche Aussagen. Während auf der einen Seite die Glaubwürdigkeit von Influencern betont wird, wird auf der anderen Seite gar von einem Glaubwürdigkeitsproblem der Influencer gesprochen. Und wenn der Einfluss der Influencer in der heutigen Gesellschaft schon so groß ist, lässt sich die Reichweite dann nicht auch sinnvoller nutzen? Sollten sich Influencer zukünftig auch gesellschaftlich relevanten Themen zuwenden?

Im Rahmen einer Masterarbeit an der Munich Business School wurde das Thema Influencer Marketing unter Durchführung einer Online Befragung sowie Experteninterviews intensiv beleuchtet. Dabei sollte insbesondere geklärt werden, welche Faktoren die Glaubwürdigkeit eines Influencers maßgeblich beeinflussen und wie die Glaubwürdigkeit von Influencern langfristig gewährleistet werden kann. Ferner wurden die Interessen der Konsumenten und Influencer untersucht. In Zuge dessen wurde auch das Potenzial für die Behandlung gesellschaftlich relevanter Themen durch Influencer beurteilt.

Glaubwürdigkeit:

Über ein Drittel aller Befragten hat bereits mindestens einmal aufgrund einer Empfehlung eines Influencers einen Kauf getätigt. Ein Viertel der Teilnehmer hat zumindest über den Kauf eines Produktes aufgrund einer Empfehlung eines Influencers nachgedacht. Außerdem überwiegt der Anteil derer, die Werbung nicht als störend empfinden und dieser grundsätzlich offen gegenüberstehen. Diese Erkenntnis belegt, dass die Werbeabsicht des Influencer Marketings nicht zwangsläufig problematisch ist. Jedoch bedeutet der Umstand, dass werbliche Beiträge nicht als störend empfunden werden, keineswegs, dass diese als glaubwürdig eingestuft werden. Denn die Mehrheit aller Befragten erachtet Produktempfehlungen für weniger glaubwürdig, wenn diese bezahlt sind. Welche Auswirkungen sich aus einer geringeren Glaubwürdigkeit des Influencer Marketings auf das Kaufverhalten von Konsumenten ergeben, war nicht Gegenstand der Arbeit und bleibt weiteren Untersuchungen vorbehalten.

Zu den wesentlichen Einflussfaktoren für die Glaubwürdigkeit eines Influencers zählen Authentizität, Markenpassung, Kennzeichnung bezahlter Beiträge, Vertrauenswürdigkeit sowie Kompetenz und Expertenwissen. Erstmals wird auch Sympathie von Influencern als Einflussfaktor genannt. Diese Erkenntnis legt nahe, dass Personen, die sympathisch auftreten, seltener als unglaubwürdig wahrgenommen werden. Auffällig ist zudem, dass sowohl die Anzahl der parallel laufenden Kooperationen eines Influencers als auch die Anzahl anderer Influencer, die für selbiges Produkt werben, nur einen äußerst geringen Einfluss auf die Glaubwürdigkeit eines Influencers haben.

Der Umstand, dass Experten im Rahmen der Interviews mitunter auf die Problematik fehlender Glaubwürdigkeit von Influencern verwiesen haben, verdeutlicht, dass deren langfristige Sicherstellung für den Fortbestand des Marketinginstruments wichtig ist. Deshalb sollten Kooperationsanfragen bei fehlender Marken- bzw. Produktpassung zwischen Unternehmen und Influencer konsequent abgelehnt werden. Faktoren wie die Markenpassung, die Identifikation mit dem Produkt bzw. der Marke sowie das persönliche Interesse des Influencers erhöhen die (langfristige) Glaubwürdigkeit ebenso wie die private Nutzung der Produkte. Die Follower sollten regelmäßig überprüft und unechte konsequent aussortiert werden. Die Auswahl der Kooperationspartner muss bedacht und stets unter Berücksichtigung der eigenen Glaubwürdigkeit erfolgen. So sollten Kooperationen keinesfalls aus ausschließlich finanziellen Gründen eingegangen werden. Als ein zentrales Kriterium des Influencer Marketings sollte auch eine größtmögliche Freiheit hinsichtlich der Gestaltung werblicher Beiträge bewahrt und eine zu starke Regulierung dieser durch den Kooperationspartner vermieden werden. Nur auf diese Weise kann die Besonderheit des Influencer Marketings – nämlich den Charakter eines Influencers für die Verbreitung eines Produkts bzw. einer Marke zu nutzen – beibehalten und eine Botschaft glaubwürdig von Influencern transportiert werden.

Ob die Kennzeichnungspflicht (werblicher) Beiträge Einfluss auf die Glaubwürdigkeit eines Influencers hat, kann aufgrund unterschiedlicher Ansichten der Experten nicht zweifelsfrei geklärt werden. Dennoch ist – auch in Hinblick auf die langfristige Sicherstellung der Glaubwürdigkeit – eine eindeutige Rechtslage notwendig, um der bestehenden Ungewissheit entgegenzuwirken und ein einheitliches Vorgehen Aller zu sichern.

Interessen:

Die Interessenbereiche der Konsumenten und Influencer sind überwiegend deckungsgleich und reichen von Fashion & Mode, Reisen, Sport & Fitness über Beauty bis hin zu Lifestyle-bezogenen Themen. Während Konsumenten zusätzlich auf die Bereiche Gesundheit & Ernährung sowie Essen & Trinken verweisen, interessieren sich die Experten außerdem für familienbezogene Inhalte sowie gesellschaftliche Themen. Die Untersuchung hat ferner ergeben, dass sowohl Experten als auch Konsumenten durchaus Interesse an einer stärkeren Berücksichtigung gesellschaftlich relevanter Themen haben, wenngleich Influencer dies als teilweise schwierig umsetzbar ansehen. Ausschlaggebend für die Befassung mit ebendiesen Themen ist das persönliche Interesse des Influencers: Bewerten die Experten ein Thema als wichtig, kommt eine Erörterung im Rahmen ihrer Social Media Aktivitäten in Betracht. Vor diesem Hintergrund bietet sich eine stärkere Integration gesellschaftlich relevanter Themen in der Zukunft an.